Ich stand am Fenster und sah in den verschneiten Garten. Heller Sonnenschein
ließ den Schnee glitzern, dann fegte eine Windböe die Kristalle
von den Ästen, und dann kam noch eine, stärkere, und der Garten
verschwand in einem Wirbel von Schnee, glitzernd wie Diamantstaub und
Silber. Dann wurde das Licht grau, als sich eine Wolke vor die Sonne schob.
Der Garten wirkte tot in dem grauen Licht, eisig, als wäre er seit
hundert Jahren gefroren, als wäre das Eis in das Herz aller Dinge
gedrungen, als würden sie in der Wärme nicht auftauen, sondern
zu Staub zerfallen. Dann kam die Sonne wieder durch, aber halbherzig,
und ihr Licht wirkte wie eine schwache Imitation von echtem Sonnenschein.
Ich holte tief Luft. Ich gehe raus und hole Holz, sagte ich
zu meiner Frau. Dann mache ich ein Feuer im Kamin. Wir werden es
brauchen.
Draußen blieb ich neben dem Holzstoß auf der Terrasse stehen
und sah in den Himmel. Wolken zogen vorbei, wurden mehr und dunkler. Der
Wind fuhr mir durch die Haare und überschüttete mich mit eisigen
Kristallen. Es roch nach Schnee.
Ich griff mir so viel Holz, wie ich tragen konnte, und ging zurück
ins Haus. Sorgfältig stapelte ich Scheite im Kamin auf, während
über mir der Sturm im Schornstein heulte. Meine Frau sah mir zu,
und als ich aufstand, um den Anzünder aus der Küche zu holen,
sagte sie Warte! und warf über meine Schulter einen kleinen
Feuerzauber auf das Holz. Flammen erfassten die Scheite.
Ich stellte mich wieder ans Fenster. Es hat begonnen zu schneien,
sagte ich, als sie neben mich trat. Draußen wirbelten die Flocken.
Die Flocken ... und mehr. Als der Wind den Schnee gegen die Scheibe trieb,
klang es wie das Rascheln von Seide. Ich schauderte.
Ist da draußen etwas? fragte sie. Ich bin eine
Beschwörerin, und ich glaube, dass ich etwas spüre, aber ich
bin mir nicht sicher. Siehst du mehr?
Oh ja. Schneedämonen und verdammt viele. Heute Nacht
solltest du nicht draußen unterwegs sein. Sie werden ihre eisigen
Finger in deinen Nacken legen und alle Wärme aus dir herausziehen.
Aber das ist es nicht, was mir Sorgen macht.
Meine Frau sah mich ernst an, sagte aber nichts.
Da ist etwas im Wind, sagte ich nachdenklich. Im Wind,
und in der Kälte, die er bringt. Es kommt von weit her, von ganz
oben aus dem Norden, wo in der Polarnacht die Kälte des Weltraums
auf die Erde sickert. Etwas rührt sich ... ich kann Ihren Atem im
Wind spüren.
Meine Frau starrte mich erschrocken an. Denkst du wirklich, Sie
ist es? Aber sie ruht seit zehntausend Jahren, und alle Omen sagen, sie
wird es noch wenigstens doppelt so lange weiter tun... Glaubst du, die
Weiße Königin ... hat etwas vor?
Meine Frau sprach Ihren wahren Namen nicht aus, und sie erwähnte
auch nicht das Wort Eiszeit, aber wir wussten beide, worauf
sie anspielte.
Ich weiß es nicht, sagte ich langsam. Wie kann
ich wissen, was sie vorhat? Vielleicht schenkt sie uns nur diesen einen
bösen Winter, um uns daran zu erinnern, wie es sein wird, wenn sie
ihre Hand wieder erhebt aber wie auch immer, wir können sowieso
nichts dagegen tun.
Dann komm und halte mich warm, sagte sie, und ich nahm sie
in meine Arme.
Etwas später saßen wir eng umschlungen vor dem Kamin und sahen
in die Flammen.
Du bist immer warm, und du strahlst Wärme aus, sagte
sie verträumt.
Ich musste lächeln. Das kommt von der Spur Höllenfeuer
in meinem Blut.
Das hast du wirklich, sagte sie nachdenklich. Aber warum
eigentlich? Nach den Regeln der Hölle giltst du als Halbdämon,
aber das bist du nicht. Du hast keine von den Fähigkeiten,
die sie normalerweise haben, außer deinem Feuer, aber du kannst
Dämonen sehen und die Alten Mächte spüren. Was bist du?
Ich bin der Sohn meiner Eltern, sagte ich nachdenklich. Und
meine Mutter ist ganz sicher ein gewöhnlicher Mensch, aber was mein
Vater ist ... keine Ahnung. Offiziell gilt er nur als ein höchstrangiger
Beschwörer, aber wie du weißt, bezeichnet der Herrscher der
Hölle ihn als seinen obersten Berater, und manchmal habe ich den
Eindruck, als ob Der da unten nichts unternimmt, was nicht die Zustimmung
meines Vaters findet aber das ist natürlich Blödsinn.
Ich weiß nicht, sagte sie, offensichtlich ist
er jemand, der sich mit den Alten Mächten verdammt gut steht
fast, als würde er dazugehören...
Ähm, sagte ich vorsichtig, sich solche Gedanken
über meinen Vater zu machen, ist nicht unbedingt gesund.
Wo wir gerade von ihm reden, sagte meine Frau etwas zu laut,
er hat uns ein Geschenk geschickt. Überbracht hat es so ein
dämlicher Höllenbote. Der war zu blöd, um die Klingel zu
finden, und hat versucht sich durch die Eingangstür zu fressen. Hast
du die Kratzer gesehen?
Ja, habe ich. Ich hatte mich schon gefragt, woher die stammen. Was
ist es denn für ein Geschenk?
Sie stand auf und nahm eine kleine Schachtel von einem Schrank. Für
die kalten Tage, die kommen werden steht darauf, sagte sie
und öffnete die Schachtel. Drinnen waren ein nahtloses Kästchen
und eine Karte. Es ist ein Draak, erklärte sie. Du
weißt schon, so ein Feuergeist. Wohnt im Kamin und dient seinem
Herren. Auf der Karte ist der Spruch, um ihn auszupacken und an uns zu
binden.
Sie räusperte sich, dann las sie den Spruch laut vor. Augenblicklich
verschwand das Kästchen, und an seiner Stelle schwebte eine Feuerkugel
im Raum. Sie zischte, zog einen feurigen Schweif hinter sich her, teilte
sich kurz in drei Kugeln, die durch goldene Feuerstränge verbunden
waren, und vereinigte sich wieder. Dann schwuppte sie in den Kamin und
hängte sich dicht über die Flammen.
Sssst, zischelte sie, wasss issst denn dasss hier? Hier
sssoll ichhh wohnen? Ödnisss! Der Draak schielte nach oben
in den Kamin, wo eine Böe herunterheulte. Sssst! Kalt! Missst!
Du dienst jetzt uns, sagte ich entschieden. Und dein
erster Job wird es sein, unser Haus vor Kälte zu schützen und
die Wärme drinnenzuhalten.
Achhh ja? Ichhh sssag dir mal wasss: Schhhubsss michhh nichhht ssso
rum. Überhaupt, wasss sssoll dasss Holtsssfeuer? Dasss issst
gar nichhhtsss. Ich will Eierbrikettsss, fette schhhwartssse Eierbrikettsss,
sssonssst tue ich keinen Handschhhlag!
Du wirst tun, was wir dir befehlen, sagte meine Frau streng,
denn wir sind jetzt deine Herren. Also los, an die Arbeit.
Achhh ja? Ichhh lasssse mir aber nichhhtsss sssagen von einer drittklassssigen
Beschhhwörerin! Der Draak kicherte hämisch.
Meine Frau setzte zu einer wütenden Antwort an, aber ich kam ihr
zuvor. Ich hockte mich vor den Kamin und sah dem Draak in die glitzernden
kleinen Augen. Du wirst genau das machen, was wir dir sagen, denn
sonst tackere ich dich mit dem Schwanz im Kamin fest, sagte ich
freundlich. Verstehen wir uns?
Achhh, und wie dasss? Versssuchhh dochhh, michhh zu fassssen, und
du verbrennssst dir die Finger! Er kicherte noch lauter.
Das glaube ich nicht, sagte ich ruhig, schob den Ärmel
meines Pullovers hoch und griff in die Flammen, um das Holz im Kamin neu
anzuordnen. Ich bin nämlich feuerfest.
Missst! zischelte er kleinlaut und verzog sich auf seinen
Posten weiter oben im Kamin.
Mit diesem Geschenk werden wir bestimmt noch viel Freude haben,
sagte meine Frau säuerlich. Erinnere mich daran, mich bei deinem
Vater dafür zu bedanken.
© P. Warmann