Moderne Haustiere.

Ich saß mit meiner Frau in unserem Wohnzimmer, sie las in einer Zeitschrift und ich starrte trübsinnig aus dem Fenster, nach draußen, wo das Wetter halbherzig versuchte, wie ein echter Winter zu wirken. Es gelang ihm nicht einmal annähernd.
Aus dem Kamin drang ein Zischen, wie ein Tropfen Wasser, der auf eine heiße Herdplatte fällt. Einmal, dann noch einmal, dann glühte es unter dem Kaminsims auf. Unser Draak schob sich heraus, eine Art lebender Feuerkugel, die mein Vater uns im letzten Winter geschenkt hatte. Er sah mit seinen kleinen Kohlenaugen zu mir herüber, dann schwebte er auf mich zu.
„Esss issst kalt“, beschwerte er sich. „Sssst! Schhhon ssso lange kein Feuer! Nassss issst esss, und ichhh bekomme Ssssnupfen.“ Er schniefte noch einmal.
„Wir haben acht Grad plus“, sagte ich, „da mache ich kein Feuer im Kamin. Wieso ist das überhaupt ein Problem? Du hast doch dein eigenes Feuer.“
„Ja, schhhon“, brummelte er, „aber ichhh brauchhhe die Hitssse, sssonssst werde ichhh krank.“ Er hüstelte, und dann wurde der Husten stärker, die ganze Feuerkugel bebte, und er stieß eine dicke Rußwolke aus.
„Verdammt noch mal“, rief ich, „was soll das?“
Eingeschüchtert sauste er in den Kamin, aber meine Frau legte die Zeitschrift beiseite und meinte mitleidig: „Sei doch nicht so streng mit dem Kleinen. Ich fürchte, jetzt hat er sich zum Schnupfen noch einen Rauchhusten geholt. So kann das wirklich nicht weitergehen – ich glaube, wir sollte ihn zur Kur in einen Hochofen schicken.“
„Ohhh, wirklichhh?“ Der Draak kam wieder aus dem Kamin herausgeflitzt. „Tausssend Grad Hitssse! Richhhtig heisss!“ Dann sah er mich bittend an. „Dasss wäre ssso schhhhön! Machhht ihr dasss?“
„Also gut“, sagte ich besänftigt. „Wir besorgen dir noch heute einen Platz für die Kur. Aber bis dahin achte gefälligst darauf, dass du nur im Kamin hustest und uns nicht die ganze Bude vollrußt.“
Er nickte eifrig und hängte sich unter den Kaminsims.

Meine Frau grinste und griff wieder nach ihrer Zeitschrift.
„Was liest du da eigentlich?“ wollte ich wissen.
„‘Das moderne Haustier – lecker, nützlich oder elegant’ “, las sie mir vor. „War als Sonderbeilage im Beschwörer-Magazin. Wusstest du, dass das beliebteste Haustier im Moment die Chimäre ist?“
„Was finden die Leute nur an diesen blöden Viechern?“ wollte ich wissen. „Seidiges weißes Fell haben sie ja, aber sie sind zu blöd, um geradeaus zu laufen, und sie stinken nach Ziegenbock und Raubkatze gleichzeitig.“
„Und bekommen jede bekannte Huftier-, Katzen- und Vogelkrankheit“, stimmte meine Frau mir zu. „Das ist doch wieder nur so eine Modeangelegenheit wie vor ein paar Jahren mit den Greifen. Jeder wollte einen haben, aber dann haben sie sie mit Tischabfällen gefüttert, bis sie nicht mehr fliegen konnten und an Herzverfettung gestorben sind, oder den Leuten wurden die Greife zu teuer, und sie haben sie ausgesetzt. Auf jeder dritten Straßenlaterne saß einer und lauerte darauf, dir das Fischbrötchen aus der Hand zu reißen.“
„Tja, dank der Vogelgrippe sind wir das Problem jetzt los“, sagte ich. „Was steht denn sonst noch so in dem Heft? Gibt es irgendein nettes, pflegeleichtes, vielleicht sogar dazu noch nützliches Haustier, das du dir in unserem Haus vorstellen könntest?“
„Was, neben einem frechen Draak, einer äußerst bissigen Fleisch fressenden Pflanze und“ – sie warf einen Blick auf den Boden, wo eine Gruppe kleiner dreieckiger Flossen ihre Kreise durch den Flor zog – „nicht zu vergessen den Teppichhaien?“
Trotzdem blätterte sie in dem Heft. „Übrigens, Greife sind immer noch im Angebot ... eine Schaukelschnecke für den Garten, die wird bis zu einem Meter groß – ich möchte nicht wissen, was die Nachbarn sagen, wenn sie deren Salatbeet entdeckt ... Albino-Fledermäuse ... Wer-Katzen – verwandeln sich bei Vollmond in Gartenzwerge ... solarbetriebene Rennmäuse ... Flössel-Bussarde – wie Fliegende Fische, nur umgekehrt ... nein, ich glaube, das ist alles nichts für uns. Was ist mit den eher nützlichen Tieren?“
Sie blätterte weiter. „Größtenteils das übliche: Schuhlöffel-Störe, verschiedene Plättfische – ‘die bekannte Bügelhilfe’, Bandschnecken und Schnurwürmer – also ich weiß nicht, ich könnte kein Tier zu einer Schleife binden, selbst wenn es immer heißt, dass es ihnen nichts ausmacht. Oder was hältst du von einem Schriftbarsch? Hier steht: ‘Die biologisch-dynamische Alternative zum E-Book-Reader, kommt mit praktischem Reiseaquarium’.“
„Nein, ich möchte etwas, das frei in der Wohnung herumläuft, und nicht solchen Schnickschnack“, gab ich zurück.
„Mal sehen ... Bootshunde mit Rettungsschwimmer-Zeugnis ... Flachdackel mit extragroßer Abstellfläche ... Mordkaninchen – Mordkaninchen? Oh... Sieh mal.“ Sie reichte mir die Zeitschrift und deutete auf das Bild. Ich schauderte.
„Warte mal, was ist das?“ rief sie plötzlich und nahm mir die Zeitschrift wieder aus der Hand. „Duft-Schildkröten? ‘Gezüchtet aus der wild vorkommenden Bärlauch-Schildkröte, die mit ihrem Duft Feinde abschreckt ... jetzt erhältlich in den Geruchsrichtungen Vanille, Erdbeer-Kokos und Kardamom-Zimt ... sanfter, lebenslang anhaltender Duft ... Haustier und Raumbeduftung in einem ... freundlich, langlebig und pflegeleicht.’ Was denkst du?“
Ich sah ihr über die Schulter und las den Artikel. „Klingt nicht schlecht. Und wir können ihr bieten, was sie braucht – warum nicht? Das ist vielleicht wirklich das ideale Haustier für uns.“
„Ich hätte sie gern in Kardamom-Zimt“, stimmte meine Frau zu.

© P. Warmann