Advent.

Adventszeit. Nüsse knacken, Plätzchen backen, Adventskränze abfackeln. Was verstärkt nach dem dritten Advent stattfindet, da dann die Zweige gut durchgetrocknet sind und sich auch die Zahl der potentiellen Zündquellen erhöht hat. An Lebkuchen haben wir uns schon im September überfressen, als sie noch frisch und saftig waren. Inzwischen bieten die Supermärkte nur noch letzte Reste und fangen schon einmal an sich mit Osterhasen zu bevorraten.
Der Verkauf von extraklebrigen Nahrungsmitteln (Datteln, Dominosteine, Eierpunsch) erreicht ungeahnte Höhen. Die Weihnachtsmärkte bieten typische Saisonartikel wie Schmalznüsse, Kerzen, Handy-Oberschalen und in Taiwan gefertigte Gipsdrachen. Millionen von Fichten werden ihrer endgültigen Vernichtung entgegengesandt, mit einem kurzen Zwischenstopp in Wohnzimmern als Träger von Kugeln und Lametta.

Dann gibt es noch das Weihnachtsmärchen. Rumpelstilzchen zum Beispiel. Es ist so beliebt, weil es sich leicht auf einen dramatischen Höhepunkt hin inszenieren lässt: Wenn am Schluss die Prinzessin schon zweimal falsch geraten hat und ein dritter Fehlversuch, den Namen des seltsamen Männleins ans Licht zu bringen, sie ihr Kind kosten wird, steigt die Spannung im Parkett ins Unerträgliche. Der Hofnarr animiert uns, doch den Namen, den wir kennen, aber die da oben auf der Bühne nicht, endlich laut zu rufen.
Und wenn wir es dann machen, wenn alle im Chor ‘Rum-pel-stilz-chen!’ schreien... Wie wäre es, wenn das Männchen dann kreischte „Vorsagen gilt nicht!“, sich das Kind schnappte und mit Donnerschlag und Rauchwolke verschwände? Den Kindern im Theater würde es gefallen. Nicht nur nimmt die Gerechtigkeit auf diese Weise ihren Lauf (Kinder sind da unerbittlich), auch fragen sie sich sowieso heimlich, ob das Kind nicht bei dem coolen und zauberkundigen Männlein viel besser aufgehoben wäre als bei seiner habgierigen und hinterhältigen Sippschaft.

© P. Warmann