Knapp südlich von Kiel gibt es eine Autobahnausfahrt, die nur in
Donnerstagnächten zwischen zwei und drei Uhr existiert. Sonst nicht.
Wer sie nimmt, kommt nirgendwo hin, das allerdings sehr schnell. Obwohl
es dem, der auf diesem Abweg ist, nicht so vorkommt: Da ist nur die Frage,
ob man diese Kurve nicht vorhin schon einmal gefahren ist, oder fährt
man nicht eigentlich gerade darauf zu? Und gibt es hier wirklich so viele
Schafe, die über die Zäune sehen, oder ist es zum sechsten Mal
dasselbe Schaf? Warum sieht es so seltsam tot aus? Aber tot
ist nicht wirklich das richtige Wort. Gibt es ein richtiges Wort dafür?
Gibt es irgendein Wort? Ist das überhaupt ein Schaf? Was ist eigentlich
ein Schaf? Gibt es überhaupt Schafe? Wer fährt diesen Wagen?
Fährt irgendwer diesen Wagen? Wer fragt sich dies? Ist überhaupt
jemand hier? Aber hier ist nirgendwo, und da sind Sie dann.
Andererseits: Wenn Sie frische Blumen im Wagen haben (frischer Grünkohl
reicht manchmal auch), wenn Sie diese Abfahrt nehmen, dann geraten Sie
zwar nirgendwo rein, kommen aber auch irgendwo wieder raus. Und obwohl
von hier kein Weg dorthin führt, kommen Sie dort an. Ohne jeden Zweifel.
Nirgendwo zu sein ist nicht gut. Das Gegenteil ist aber auch nicht besser.
Manchmal, irgendwann zwischen spätester Nacht und frühestem
Morgen, wenn man gerade die letzte S-Bahn verpasst hat, bleibt man auf
dem Bahnsteig und wartet und sagt sich Ich nehme den nächsten
Zug, der kommt. Dann kommt ein Zug, später als der letzte und
früher als der erste, und wenn Sie einsteigen, lesen Sie hält
überall. Das sollten Sie sehr ernst nehmen.
Denn im Zug sind Sie im Zug, aber wenn er hält, sollten Sie sicher
sein, dass sie dort aussteigen. Oder meinetwegen auch hier. Aber nicht
überall. Ein Mensch kann nicht überall sein, nicht ohne sich
zu zerreißen.
So bleibt nur, Ihnen zu wünschen, dass Sie weder nirgendwo noch
überall, sondern stets definitiv irgendwo sind.
© P. Warmann