Es gibt Tage, an denen sollte man überhaupt nicht aufstehen. Oder
zumindest nicht duschen. Der letzte Montag war so ein Tag.
Natürlich stand ich doch auf und duschte und wusch mir die Haare.
Dann ging ich in die Küche, um Frühstück zu machen, öffnete
die Tür des eingebauten Besenschrankes, um den Toaster herauszuholen,
und mir fiel ein Eimer entgegen. Das klingt nicht weiter bemerkenswert,
aber dieser Eimer war randvoll mit Wasser, das sich erst über meine
Hose und dann über den Küchenfußboden ergoss.
Hier ist irgendwo ein Leck, dachte ich, suchte es und fand
es schnell. Durch besagten Besenschrank, der neben dem Fenster in die
Mauer eingelassen ist, läuft ein dünnes Rohr, offensichtlich
ein Steigrohr der Fernwärmeleitung. Es ist mit nichts in meiner eigenen
Wohnung verbunden, läuft bei mir nur durch und versorgt die Wohnung
über mir.
Auf halber Höhe ging von diesem Rohr eine kurze Abzweigung aus, die,
am freien Ende abgeschnitten, in meine Kammer ragte. Das Ende war umgebörtelt
und offensichtlich undicht geworden. Dort tropfte es, und es hatte sich
eine grünliche Kruste gebildet.
Ein Fall für den Klempner, dachte ich. Gleich würde
ich ihn anrufen, mir vorher aber noch die Schadstelle genauer ansehen.
Also bröckelte ich die Kruste ab, und dann machte es knicks,
und ich hatte das Gefühl, eine Spinnenwebe berührte mein Handgelenk,
aber es war ein haarfeiner Wasserstrahl, und dann machte es knacks,
und ich stand mitten in meiner Küche und duschte zum zweiten Mal
an diesem Morgen.
Habe ich mir dafür sorgfältig die Haare getrocknet?,
fragte ich mich, und dann Was mache ich jetzt?. Ja, was macht
man, wenn ein warmer Wasserstrahl waagerecht in die Küche sprudelt?
Natürlich drei Stockwerke hinunter in den Keller gehen, dort das
Wasser abstellen, auf dem Weg nach oben den Nachbarn bescheidsagen, dass
es im Moment kein Wasser gibt, sich dreimal anhören Sind Sie
aber nass!, den Klempner rufen, den Eimer unter die nicht mehr sprudelnde,
aber noch tropfende Leitung stellen und trockene Sachen anziehen. Ganz
einfach.
Die Klempner kamen innerhalb einer halben Stunde, erklärten: Wir
schneiden das kaputte Rohrteil raus und setzen ein neues ein, was
mir ganz vernünftig erschien, und taten genau dies. Danach tropfte
nichts mehr. Nur frage ich mich, warum das eingesetzte Stück erst
waagerecht aus der Rohrachse biegt, dann ein Stück senkrecht parallel
läuft und dann wieder waagerecht zurückbiegt. Sieht irgendwie
wie ein Kaffeebecher-Henkel aus. Die Erklärung war das mussten
wir so machen, das rausgeschnittene Stück war zu kurz. Nun
gut, ich gehen mal davon aus, dass dies im Klempnersinne eine fachgerechte
Reparatur war.
Danach verließ ich die Wohnung zum Einkaufen. Auf der Treppe fand ich eine selbst gestopfte Filterzigarette mit zugeknibbelter Mündung, die offensichtlich mein Nachbar verloren hatte. Dem Geruch nach zu urteilen enthielt sie neben Tabak noch andere, nicht unbedingt legale pflanzliche Zusätze. So etwas auf der Treppe liegen zu lassen macht einen schlechten Eindruck, dachte ich, und warf sie in seinen Briefkasten. Allerdings frage ich mich wirklich, was man von einer Jugend halten soll, die sich Filterjoints dreht.
Als ich vom Einkaufen zurückkam, stellte ich fest, dass die Biotonne
verschwunden war. Am Morgen, noch vor dem Rohrunglück, waren unüberriechbar
die Biotonnen geleert worden, und jetzt war unsere Tonne weg nicht
auf dem Hof zu finden, nicht auf der Straße, nicht auf einem der
Nachbarhöfe. Spurlos verschwunden.
Ein telefonische Vermisstenmeldung bei der städtischen Abfallbeseitigung
brachte die fröhliche Antwort: Ja, das passiert manchmal, dann
wird sie mit reingezogen. Sie bekommen eine neue Tonne.
Sehr schön, danke, aber was wird wo reingezogen?
Die Tonne in den Müllwagen.
Und man kann sie nicht wieder rausziehen?
Nein, sie wird mitgeschreddert.
Was bedeutet, dass der sorgfältig kultivierte städtische Biomüll-Kompost
von Biotonnen-Plastiksplittern durchsetzt ist. Es wird höchste Zeit
für die kompostierbare Biotonne!
Schließlich stellte ich noch fest, dass meine inzwischen wieder
getrockneten Hausschuhe um zwei Nummern eingelaufen waren, aber das war
dann auch die letzte Katastrophe des Tages. Trotzdem war er es nicht wert
gewesen, an diesem Morgen aufzustehen.
© P. Warmann