Im Mai.

Es ist so sehr Mai, dass man fast an den Sommer glauben könnte. Ich sitze am offenen Fenster und träume. Die Düfte des Frühlings steigen herein: junge Blätter, Humus, frische Farbe und neu geteerte Dächer.
Auf den Laternen vor dem Haus sind Uh-Uhuu-Uu-Tauben unentwegt am Balzen. Wo ist der Sperber, wenn man ihn braucht?
Ich habe Magendrücken. Das kann doch nicht an dem Gemüsecocktail liegen, den ich grade trinke (Tomate, Möhre, Paprika, Gurke, Sellerie, Zwiebel, Salat, Zitrone in variablen Mengenverhältnissen und hergestellt aus konzentriertem Saft, mit Olivenöl aus erster Pressung und einem Hauch Basilikum)? Oder hätte ich doch keinen Schuss Anis-Getränkegrundstoff (ohne Alkohol) zugeben sollen?
Ist dies ein Notfall? Sollte ich zum Aloe-Vera-Notfallspray greifen? Aber auf der Packung steht, es hülfe nur gegen Irritationen der Haut. Ich bin irritiert.
Vielleicht liegt es auch am Duft der Räucherstäbchen, der mich benebelt. War ‘Opium’ die richtige Wahl? Sollte ich lieber die Cappuccinoduft-Gelkerze brennen?
Oder trinke ich einen Kräutertee? Besser Guarana/Mate mit imitiertem Limonensaft, Süßholz/schwarzer Pfeffer oder doch Lindenblüten/Ingwer?
Ach, Entscheidungen, Entscheidungen...

© P. Warmann