Sinnlos.

Neben den verschiedenen Graden der Sinnlosigkeit, die entstehen, wenn man verschiedene Sinnlosigkeiten der gleichen Ebene miteinander verbindet, verzahnt und ineinander verschränkt, gibt es noch unterschiedliche Ebenen der Sinnlosigkeit. Wenn ich zum Beispiel aufstehen und meinen Bleistift aus dem Fenster werfen würde, so wäre das einfach sinnlos. So etwas ist nicht weiter bemerkenswert. Vergleichen wir damit folgendes Beispiel:
Ein Dialog, entstanden aus der Bemerkung einer Frau, sie werde jetzt nach Hause gehen und für die Familie Kohl kochen. „Ach, Sie mögen Kohl?“ „Nein, eigentlich überhaupt nicht.“ „Dann mögen Ihr Mann und die Kinder Kohl?“ „Nein, mein Mann macht sich gar nichts daraus und die Kinder hassen Kohl.“ „Warum kochen Sie ihn dann?“ „Aber man muss doch Kohl kochen!“ Genau. Das ist übrigens eine wahre Geschichte.
Wir lernen daraus: Für tiefere Sinnlosigkeit ist es nötig, dass es für die sinnlose Handlung auch einen sinnlosen Grund gibt. Dem im Idealfall auch eine sinnlose Theorie zu Grunde liegt und dieser wiederum eine sinnlose Idee. Man kann das noch einige Ebenen tiefer verfolgen. Wichtig ist nur, dassdie Sinnlosigkeit konsequent durchgehalten wird.

Jetzt zu einer weiteren auf ihre Art wertvollen Form der Sinnlosigkeit. Einige Beispiele:
Zuerst ein Dialog. „Wie alt, sagtest du, wird dein Bruder?“ „Gut drei Meter achtzig.“
Oder dies:
„Wir spielen wieder mit der Viererkette, besetzen sie diesmal aber nur mit drei Mann.“
„Es regnet, aber ich glaube das nicht.“
„Du kannst die Gabel ruhig mittoasten.“
Jeder dieser Aussprüche ist augenscheinlich und offensichtlich sinnlos. Andererseits erwecken sie den Eindruck, sie könnten, müssten sogar Sinn enthalten oder einmal enthalten haben oder vielleicht irgendwann erhalten können. Möglicherweise ist in ihnen auch Sinn verborgen oder verstümmelt oder irgendwie aus ihnen zu gewinnen. Sie fordern dazu auf, sinnloserweise sehr viel Zeit, Kraft, Denkvermögen und Können darauf zu verwenden, diesen nicht vorhandenen Sinn zu finden. Somit produzieren sie äußerst effektiv mehr Sinnlosigkeit.
Sie haben darüber hinaus noch eine weitere Wirkung: Ist schließlich offensichtlich, dass ein Ausspruch wirklich keinen Sinn enthält, so neigt der Mensch dazu, Sinn in ihn hineinzulegen. Das ist natürlich eine wundervolle Möglichkeit, Sinn wieder zu verlieren, zwar nicht weltumfassend, da der Sinn nur verschoben wird, aber der persönliche Gehalt an Sinn sollte sich doch deutlich vermindern. Oder ist Sinn ähnlich einem Virus, den man nicht dadurch loswird, dass man ihn weitergibt?

© P. Warmann